Wie Microsoft seine Marktmacht missbraucht
19 Millionen freiwillige Teams-Nutzer in 500.000 Unternehmen? Wer's glaubt.
Inhalt dieses Artikels
Kürzlich habe ich den Artikel dazu vorgezogen, wie man Microsoft Teams davor hindert, sich bei jedem PC Start in den Vordergrund zu drängen obwohl man dieses Stück Bloadware weder haben möchte, noch installiert hat geschweige denn man sich für den Microsoft Messenger überhaupt (wissentlich) einen Account angelegt hat. In diesem Artikel teile ich nun ein paar Gedanken, die mir dazu einfallen.
Microsofts steiniger Weg zur Cross-Plattform-Software
Microsoft versucht seit Jahrzehnten, die Oberhand im Bereich der Office-Software auszubauen und auch das Marktsegment „Office Kommunikation“ – neudeutsch Unified Communications („UC“) – zu erobern. Irgendwie scheint das aber unter einem schlechten Stern zu stehen, es mag einfach nicht klappen.
Die Gründe dafür sehe ich vielfältig. Ich denke, ein Hauptproblem von Microsoft ist, dass es eben Microsoft ist. Selbstverständlich programmiert man dort zunächst einmal nur für Microsoft Betriebssysteme. Namentlich also Windows.
Zwar wurden manche Office-Anwendungen mittlerweile zumindest auch auf Mac portiert. Sauber funktioniert haben diese aber noch nie. Jeder Apple-User, der gezwungen ist, mit Word und Outlook zu arbeiten, wird das sofort bestätigen. Der Großteil bekannter Funktionen aus der Windows Welt fehlt, täglich mehrfache Komplettabstürze der Software prägen das tägliche Arbeitsleben.
Betrachten wir nun also ein universelles Kommunikationssystem, so macht eine solche Software nur dann Sinn, wenn diese auch tatsächlich universell einsetzbar ist. Soll heißen, eben nicht nur für Windows 10 Benutzer verwendbar sondern auch für Mac OS X User und ebenso auf dem iPhone, dem Tablet, dem Android Telefon oder vielleicht sogar auf Linux Rechnern. Nun gut, zur Not sollte man wenigstens auf einem Webportal Zugriff darauf haben.
Was die integrierten Funktionen einer solchen Lösung angeht, da gibt es verschiedene Ansichten was eine solche Software können muss. Ich möchte behaupten, das absolut mindeste Feature Set sollte sein:
- Chatsystem
- Videotelefonie
- Dateiaustausch
Alle Funktionen müssen dabei unternehmensintern und mit externen Teilnehmern möglich sein. Darüber hinaus gibt es unzählige denkbare weitere Möglichkeiten, das sind aber zunächst einmal die wichtigsten und dafür auch die zwingenden. Alles andere kann kein UC sein.
Zehn erfolglose Jahre – von damals bis heute
Was also tun, als einer der Software-Weltmarktführer und IT Giganten, wenn die eigene Entwicklung unfähig ist einen funktionierenden Cross-Plattform-Client zu entwickeln? Sehen wir uns doch nur einmal an, wie schlecht Microsoft Software schon auf Windows Rechnern beim ersten Release funktioniert. Wie soll das erst auf Betriebssystemen dritter Hersteller enden? Früher sagten wir immer, warte bis zum großen Service Pack, danach kannst du das vielleicht halbwegs fehlerfrei nutzen. Heute gibt es keine klassischen Service Packs mehr, Microsoft veröffentlicht einfach gleich die buggy Alpha-Version und bessert am offenen Herzen nach (siehe mein Artikel hierzu aus dem letzten Jahr).
Um das Chaos hinter Microsoft Teams und das marketingtechnische, politische und wirtschaftliche Problem von Microsoft zu verstehen, muss man ein wenig hinter die geschichtlichen Kulissen blicken.
- Wir schreiben das Jahr 2010. Microsoft macht erste Gehversuche in schneller Unternehmenskommunikation. Das Produkt dazu heisst Microsoft Lync. Irgendwie so ein halber Chatclient, der nicht viel kann, aber Telefonie und sogar Videotelefonie sollen damit möglich sein. Anwesenheitsinformationen sowie zahlreiche Besprechungsfunktionen sind ebenfalls inklusive1)https://www.netzorange.de/it-ratgeber/lync-ein-weg-der-unternehmenskommunikation/. Ich war damals bei verschiedenen Firmen als externer Consulant tätig und meine Erfahrung sagt etwas anderes. Ich kenne kein einziges Unternehmen, das erfolgreich seine Telefonie auf Lync abgebildet hat. Microsoft wird mir da widersprechen und als Vorzeigebeispiel die eigene Telefonanlage anführen. Aber jeder, der seinerzeit regelmäßig mit Microsoft telefonieren musste wird mir beipflichten: die Gesprächsqualität war schlecht; falls überhaupt mal ein Gespräch zustande kam und nicht im Rauschen unterging oder gleich gar nicht erst aufgebaut werden konnte. Von der Administration und den technischen Voraussetzungen einmal ganz abgesehen. Schlimm in diesem Zusammenhang ist eigentlich nur, dass kostenlose Produkte für Privatanwender – allen voran natürlich Skype – technisch gesehen schon Jahrzehnte voraus waren. Skype konnte schon um 2000 rum das richtig gut, was Microsoft in 2010 noch versuchte zu realisieren2)https://blogs.skype.com/uncategorized/2014/11/11/durfen-wir-vorstellen-skype-for-business/. Auch andere Produkte wie der Facebook Messenger konnten schon 2008 das, woran Microsoft Jahre später noch arbeiten sollte3)https://en.wikipedia.org/wiki/Facebook_Messenger.
- Das merkt auch Microsoft irgendwann und handelt. In 2011 kauft Microsoft das Konkurrenzprodukt Skype auf. 8,5 Milliarden blättert Microsoft dafür hin, der teuerste Zukauf in der bisherigen Firmengeschichte. Und das obgleich der Tatsache, dass Skype zwar 2005 von den Gründern für 2,6 Milliarden US Doller an ebay verkauft wurde und sich ebay 2009 schon wieder für nur 1,9 Milliarden davon getrennt hatte. Der Sprung von 1,9 Milliarden US Dollar auf 8,5 Milliarden in nur zwei Jahren erscheint doch etwas surreal. Aber Microsoft hatte offenbar keine Wahl, wenn es in diesem Markt mitspielen wollte musste es zukaufen. Zudem brachen bei Microsoft PC- und Smartphone-Geschäfte gerade ein, man erhoffe sich durch den Zukauf neues Marktpotenzial, so die damalige Argumentation4)https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/internettelefonie-microsoft-kauft-skype-fuer-8-5-milliarden-dollar-1643292.html.
- Aus Skype resultiert dann 2015 das vermeintlich neue Super-Produkt Skype for Business5)https://products.office.com/de-DE/skype-for-business/server-hybrid. Die wesentliche Neuerung ist, dass es jetzt auch als eigenständiges Produkt in Office 365 erhältlich ist. Wirklichen Anklang findet aber auch Skype for Business nicht. Hier kann ich wieder aus der Erfahrung meinerseits bei 6.000+ Clients sprechen. Nicht einmal die Chat-Funktion hat firmenübergreifend jemals zuverlässig funktioniert. Exemplarisch habe ich das mal bei einem Kunden mit dem Third Level Microsoft Support durchexerziert, nur um schlussendlich hochoffiziell von Microsoft die Stellungnahme zu erhalten, dass man nicht wisse warum es nicht funktioniere und das sei nun einmal ein bekanntes, aber nicht triviales Problem. Lösung: Fehlanzeige. „Take it as it is or use another program.“ war die Devise.
- Ende 2016 stellt Microsoft die neue Plattform Teams vor. Organisation, Kommunikation und Kollaboration stehen nun im Mittelpunkt. Die Plattform soll ein offenes Büro mit Chats, Channels und Gruppen darstellen6)https://www.hagel-it.de/it-dienstleistungen/vereinfachte-kommunikation-mit-microsoft-lync.html. Was daran jetzt eigentlich neu ist, das ist eine gute Frage. Das Kacheldesign aus Windows 8 vielleicht. Böse Zungen würden behaupten, das alles hatten wir schon als ich noch Ende der 90er Jahre Warenwirtschafts- und Lagerhaltungssysteme in Perl und KI Bots in der Uni in C entwickelt habe. Da hatten wir einen sogenannten IRC Client, der konnte das auch alles. Nicht ganz so bunt und blinkend, aber Nachrichten schicken und Gruppen gab es da genauso wie Möglichkeiten, allerhand externe Dienste anzubinden. Naja, irgendwie muss man halt den alten Sumpf neu vermarkten.
- Ende 2017 war es dann soweit, Microsoft verkündet: Teams wird der neue Alleskönner für Unternehmenskommunikation7)https://news.microsoft.com/de-de/zwei-jahre-microsoft-teams-neue-funktionen/. Jetzt wird alles gut.
Alles gut? Benutzerzahlen sagen etwas anderes
Wie bitter muss es für einen vermeintlichen Marktführer sein, mehr als zwanzig Jahre unfähig zu sein, selber eine funktionierende Kollaborationssoftware zu entickeln.
Wie tragisch muss es sein, wenn man sich dann erhofft, durch Aufkauf der Marktführer in zweistelliger Milliardenhöhe – für möglicherweise das fünffache des eigentlichen Wertes – endlich Vorderhand zu gewinnen. Aber keiner möchte die Software verwenden. Die, die es wollen, schaffen keine technisch funktionierende Umsetzung.
Und dann kommt da noch ein Konkurrent aus den U.S.A. namens Slack, der einen funktionierenden Client für sämtliche Systeme entwickelt hat. Ja sogar auf dem iPhone funktionieren die Slack-Benachrichtigungen und auf meinen Linux Rechnern macht der native Slack-Client auch keine Probleme.
In 2011, als Microsoft Skype kauft, verzeichnet Slack nur in heutigen Zahlen mickrig anmutende 100.000 täglich aktive Nutzer. Drei Jahre später, als Microsoft mit Skype vor Business scheitert, erfreut sich Slack bereits 1,25 Millionen aktiver Benutzer und nimmt durch zahlende Vertragskunden 35 Millionen US Dollar jährlich ein8)https://techvibes.com/2015/09/25/a-brief-history-of-slack-2015-09-25.
Und heute? Slack hatte nach letzten Zahlen aus dem April diesen Jahres wohl um die 10 Millionen aktive Benutzer9)https://slackhq.com/slack-has-10-million-daily-active-users. Da man Slack wie jede andere normale Software auch erst einmal herunterladen und installieren muss wenn man die Software verwenden möchte10)https://slack.com/intl/de-de/downloads/windows, dürften diese Angaben des Herstellers wohl halbwegs stimmen. Schließlich muss man auch erst einen Account erstellen, sich dafür registrieren, die E-Mail Adresse und Firmendomain bestätigen11)https://slack.com/get-started usw. Geht zwar alles recht fix, aber man muss eben erst einmal die Firma und die eigenen Mitarbeiter anlegen, ohne das geht bei Slack nichts. Also wusste Slack auch, dass es im April rund 10 Millionen Benutzern gab, die aktiv Slack verwendeten.
Bei Microsoft dagegen sieht das anders aus. Seitdem Teams in Office 365 dabei ist12)https://docs.microsoft.com/de-de/microsoftteams/office-365-licensing, hat jeder Office 365 Benutzer auch automatisch ein Teams Konto13)https://support.office.com/de-de/article/wie-erhalte-ich-zugriff-auf-microsoft-teams-fc7f1634-abd3-4f26-a597-9df16e4ca65b. Ob er das jemand verwendet hat, jemals die Software installiert hat, das spielt keine Rolle. Denn über das Office 365 Portal ist es ja ebenfalls möglich Teams zu nutzen, die Software muss dafür nicht installiert werden. Einen separaten Login für Teams gibt’s auch nicht, sprich jeder der mal eben online seine E-Mails gecheckt hat, der ist potenziell auch ein Microsoft Teams Benutzer14)https://www.office.com/.
Die Zahlen von Microsoft möchte ich also sehr ernsthaft anzweifeln. Und ohnehin reichten sie lange Zeit nicht an die Zahlen von Slack heran, selbst nicht mit der „Beschönigung“ durch Microsoft.
Wie man Börse, Marktanteile und Userzahlen manipuliert
Anfang 2019 hat Microsoft dann die Reißleine gezogen. Slack will an die Börse gehen, zum IPO wird mit rasantem Kursanstieg und enormer Nachfrage gerechnet, was sich auch so bestätigen sollte. Slack hat immer mehr – begeisterte – Kunden und Microsoft Teams krebselt trotz Milliardenzukäufen und jahrzehntelangen Bemühungen weiter am Boden.
Es muss etwas passieren. Und es passiert.
Microsoft entschließt sich dazu, an allen guten Sitten und Rechtsgrundsätzen vorbei, ohne Wissen der Benutzer und ohne Einverständnis der Benutzer, das Softwareprodukt Microsoft Teams auf allen Rechnern mit Office 365 Produkten automatisch zwangsweise zu installieren. Die Software sei kostenlos und ein Gewinn für jedes Unternehmen mit mehr als einem einzigen Arbeiter, deshalb solle sich bitteschön jeder darüber freuen15)https://news.microsoft.com/de-de/microsoft-teams-freemium/. So zumindest sieht es aus Kundensicht aus und an dieser Aussage lässt sich nichts beschönigen.
Was dann passiert ist nicht weiter verwunderlich. Die Benutzerzahlen von Microsoft Teams schnellen in die Höhe, während jene des Hauptkonkurrenten Slack genau so stetig und zuverlässig weiter anwachsen wie sie es auch schon die vergangenen Jahre taten.
Diese Grafik ist direkt von der Microsoft Webseite und kein Fake. Der überdimensional fette „13+ millionen“ Stempel verdeutlicht möglicherweise die Sehnsucht, mit der Microsoft diesen Tag herbeigesehnt hat. Schon 2018 begann das weltweite Ausrollen, vermutlich insbesondere in den USA. Seit Anfang 2019 aktiviert sich reihum bei allen unseren Kunden automatisch Microsoft Teams und es gibt nichts, was wir dagegen tun können. Innerhalb von ziemlich genau sechs Monaten haben alle Kunden Teams bekommen. Ob sie wollten oder nicht, streng genommen muss jeder Office 365 Kunde sein Verarbeitungsverzeichnis gründlich überarbeiten und den Betriebsrat involvieren.
Man muss sich das mal richtig ins Gedächtnis rufen. Wir reden hier von angeblich einer Million neuer Unternehmenskunden pro Monat, die Microsoft für ihr Chatprogramm hat begeistern können wollen. Ebenso viele Unternehmenskunden pro Monat haben die Lösung technisch umgesetzt. Das sind Zahlen, die komplett hirnrissig erscheinen.
Aber wenn Microsoft das sagt, dann muss das natürlich so sein. Schließlich verbreitet Microsoft ja keine Lügen. Niemals.
Die Pressemeldungen ließen nicht lange auf sich warten, angeblich seien es im Juli 2019 bereits 19 Millionen aktive Benutzer gewesen16)https://www.theverge.com/2019/7/11/20689143/microsoft-teams-active-daily-users-stats-slack-competition. Natürlich nicht, ohne hier und da darauf hinzuweisen, dass es bei der kostenpflichtigen Teams-Variante mehr Datensicherheit für Firmen gibt, die man in der kostenlosen Variante nicht erwarten darf17)https://www.heise.de/newsticker/meldung/Microsoft-Teams-ueberholt-Slack-4468772.html. Ah ja, muss ich jetzt nicht verstehen, den Zusammenhang, oder? Ist Teams nun sicher und DSGVO konform oder ist es das nicht?
Leider betrachten bis heute nur wenige Redakteure derartige Microsoft Meldungen kritisch18)https://www.computerworld.com/article/3408781/microsoft-teams-now-has-13m-daily-active-users-outpacing-rival-slack.html. Denn nochmal, alle Zahlen werden von Microsoft vorgekaut und es gibt überhaupt keinen Einblick, wie sich diese überhaupt zusammensetzen:
„But these numbers, like all self-reported numbers should be taken cautiously. In this case, are both companies measuring the data the same way? This is always a concern, as it is in looking at social media platforms that use similar metrics.“ Wayne Kurtzman, research director at IDC
Computerworld US, 12.07.201919)https://www.computerworld.com/article/3408781/microsoft-teams-now-has-13m-daily-active-users-outpacing-rival-slack.html
Über die Rechtsmäßigkeit dieser Zwangsinstallation an sich könnte man vortrefflich streiten. Das ist allerdings nicht so ganz trivial, es prallen hier viele Rechtsgebiete aufeinander.
Zunächst hätten wir da mal das generelle DSGVO Thema mit Office 365. Ob das alles so mit rechten Dingen zugeht, das darf man wohl guten Gewissens zumindest einmal anzweifeln20)https://www.t-online.de/digital/software/office/id_84808158/dsgvo-beschwerde-in-holland-microsoft-office-verstoesst-gegen-eu-datenschutz.html.
Ob eine Zwangsinstallation auf diese Art und Weise in Ordnung ist, sei ebenfalls dahingestellt. Zwar mag es Nutzungsbedingungen geben in denen so etwas steht, aber ob die gültig sind in der vorliegenden Form und ob diese überhaupt das widerspiegeln, was der Admin und der Nutzer zu erwarten haben, darf ebenfalls ernsthaft in Frage gestellt werden21)https://www.msxfaq.de/teams/teams_zwangsmigration.htm.
Und dann stellt sich mir da noch die Frage, wer sich bei Microsoft jemals Gedanken zum Thema Arbeitsrecht gemacht hat. Ganz offensichtlich niemand, denn Teams überwacht gleich mal Arbeitszeiten, zeigt den Präsenzstatus der Mitarbeiter an und vieles mehr. Wenn’s ganz dumm läuft funktioniert das alles sogar gegenüber Teilnehmern außerhalb des eigenen Unternehmens22)https://news.microsoft.com/de-de/teams-externe-gaeste/. Microsoft wirbt sogar aktiv mit neuen Überwachungs- und Auswertungsfunktionen23)https://docs.microsoft.com/de-de/microsoftteams/teams-analytics-and-reports/user-activity-report24)https://docs.microsoft.com/de-de/microsoftteams/teams-analytics-and-reports/teams-reporting-reference.
Ich denke, das wird dem ein oder anderen Betriebsrat gefundenes Fressen sein und in dem Fall ausnahmsweise mehr als zurecht25)https://www.mittwald.de/blog/arbeitsalltag/dsgvo-duerfen-team-messenger-wie-slack-oder-microsoft-teams-noch-genutzt-werden. Schon 2017 argumentierten DGB-Rechtsexperten, dass der Einsatz von Office 365 mitbestimmungspflichtig ist26)https://www.mittwald.de/blog/arbeitsalltag/dsgvo-duerfen-team-messenger-wie-slack-oder-microsoft-teams-noch-genutzt-werden und Microsoft Teams verschlimmert das meiner Meinung erheblich.
Noch mehr Manipulation gefällig?
Im Juli diesen Jahres noch ließ einer der Mitbegründer von Slack noch verlauten, dass Teams keine zu befürchtende Konkurrenz sei.
Auf einer Business-Konferenz in Aspen, Colorado meldete sich nun Slack-Mitgründer und CEO Stewart Butterfield zu Wort. Er sei wegen des schnellen Wachstums von Teams nicht besorgt. „Ich glaube nicht, dass die Zahlen eine große Bedrohung darstellen“, erzählte er laut CNBC. Butterfield verglich die Situation mit der Suchmaschine Bing: In die habe Microsoft viele Milliarden US-Dollar investiert – bislang vergeblich. „Keine Ahnung, wie groß ihr Marktanteil heute ist, vielleicht 9 Prozent oder so“, sagte Butterfield. (Laut NetMarketShare liegt der Marktanteil von Bing in den USA bei derzeit 8,6 Prozent.)
heise, 07/201927)https://www.heise.de/newsticker/meldung/Slack-Chef-Erfolg-von-Microsoft-Teams-sei-keine-Bedrohung-4472169.html
Seitdem hat sich aber einiges getan.
Die Zwangsinstallation von Teams auf nahezu jedem Unternehmensrechner weltweit scheint vollzogen.
Die Einstellung bekannter on premise Produkte ist bei Microsoft in vollem Gange, so bleiben Unternehmenskunden für ach so wichtige Dinge wie z. B. das Speichern der Verschlüsselungs-Keys von Festplatten bald nur noch die Cloud-Dienste von Microsoft – womit man auch damit nicht mehr von Teams los kommt28)https://sharepoint360.de/microsofts-cloud-zwang-drueckt-die-anwender-mbuf-fordert-bessere-migrationsunterstuetzung-und-flexiblere-lizenzoptionen/.
Und dann kommen da angeblich interne Microsoft Dokumente über Wochen verteilt immer wieder „neu“ ans Licht und werden natürlich in der Fachpresse noch und nöcher breitgetreten:
Slack Free, Slack Standard and Slack Plus versions do not provide required controls to properly protect Microsoft Intellectual Property (IP). Existing users of these solutions should migrate chat history and files related to Microsoft business to Microsoft Teams, which offers the same features and integrated Office 365 apps, calling and meeting functionality. Learn more about the additional features that Teams can provide your workgroup. Slack Enterprise Grid version complies with Microsoft security requirements; however, we encourage use of Microsoft Teams rather than a competitive software.
GeekWire, 21.6.201929)https://www.geekwire.com/2019/no-slack-microsoft-puts-rival-app-internal-list-prohibited-discouraged-software/
Auf gut deutsch: Microsoft behauptet, dass Slack unsicher ist und man statt dessen Teams zu verwenden habe. Alle bisherigen Slack Benutzer mögen bitte ebenfalls auf Microsoft Teams umstellen.
Auch das ist bei Microsoft Methodik. Wer etwa glaubt, dass man bei Microsoft ein Produkt wie Amazon Web Services nutzen dürfe, der irrt. Nicht aus Konkurrenzgründen ist das nicht gern gesehen, sondern weil AWS angeblich nicht den Microsoft Anforderungen an „Governance“ gerecht wird30)https://www.onmsft.com/news/microsoft-maintains-an-internally-prohibited-software-list-and-slack-is-on-it.
Dass sich ausgerechnet Microsoft immer wieder darauf beruft, Software von Konkurrenzunternehmen sei nicht sicher – die Microsoft-eigene Software dagegen aber schon – ist überdies mehr als unglaubwürdig. Ich kenne keinen anderen Hersteller weltweit, der in den vergangenen 30 Jahren auch nur annähernd so schlechte Software mit dermaßen vielen nötigen Sicherheitsupdates veröffentlicht hat.
Und wie reagiert die Börse auf diesen ganzen Haufen Lug und Betrug?
Freilich, die Slack Aktie wurde zum IPO völlig überbewerted auf den Markt geworfen. Die 36 USD, zu denen ich selbst Slack Aktien gekauft habe waren nicht wirtschaftlich motiviert sondern aus Überzeugung. Ebenso wie mein Engagement in Zoom Video, Twilio und andere Technologiewerte. Mit einer gewissen Abwertung hatte ich gerechnet. Nicht jedoch damit, dass binnen weniger Tage mein automatischer Stop Loss greift und ich jetzt nur noch exakt 1 Aktie von Slack besitze. So gesehen noch gut für mich, dass ich so schnell wieder ausgestiegen bin, denn ein Ende ist nicht in Sicht.
Dabei geht es Slack eigentlich so schlecht nicht.
Für das Geschäftsjahr 2020 geht das Unternehmen nun von einem Umsatz zwischen 603 und 610 Millionen US-Dollar aus. Zuvor hatte es 590 bis 600 Millionen angepeilt. Die Analysteschätzungen beliefen sich im Schnitt auf zuletzt gut 611 Millionen Dollar.
finanzen.net, 5.9.201931)https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/weniger-als-erhofft-slack-enttaeuscht-mit-umsatzausblick-slack-aktie-bricht-ein-7959087
Nun wird man argumentieren, dass die Microsoft Methoden nicht den Aktienkurs von Slack zu Fall gebracht haben. Natürlich nicht alleinig. In Börsennachrichten werden immer wieder ganz andere Gründe angeführt. „Der Aktionär“ hat es gerade sehr schön zusammengefasst:
- „Slack rechnet für das laufende Quartal mit einem Verlust von 0,08 bis 0,07 Dollar pro Aktie. Einige Analysten träumten jedoch bereits von Gewinnen.“32)https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/slack-das-naechste-us-tech-ipo-im-freien-fall-20190786.html. Dazu muss man glaube ich nicht viel kommentieren. Einige Analysten träumten. Schön für sie.
- „Zudem soll der Umsatz im Q3 im Mittel nur um 47 Prozent wachsen.“33)https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/slack-das-naechste-us-tech-ipo-im-freien-fall-20190786.html Nur um 47 Prozent. Ja, verdammt nochmal. Also keine noch größere Steigerung zu den Vorjahren als dieses überaus solides Wachstum?
- „Der Markt sieht derartige Schwächen bei Slack nur ungern, denn mit Microsoft Teams oder Webex Teams von Cisco konkurriert der Börsenneuling mit Konzernen, die auf einen breiten Stamm an Firmenkunden aufbauen können.“34)https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/slack-das-naechste-us-tech-ipo-im-freien-fall-20190786.html Und genau das ist der springende Punkt. Okay, Cisco hatte schon lange UC Kunden. Aber Microsoft? Der Redmonder Konzern konnte sich einen breiten Stamm an Firmenkunden nur mit fragwürdigen Mitteln aufbauen.
- „Um sich am Markt durchzusetzen, steigert Slack die Marketingausgaben rasant. Mittlerweile machen diese 50 Prozent des Umsatzes aus. Die gesamten operativen Kosten sind im abgelaufenen Quartal um 317 Prozent gestiegen.“35)https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/slack-das-naechste-us-tech-ipo-im-freien-fall-20190786.html Das ist ein echtes Problem. Wie soll sich ein Neuling wie Slack sonst gegen den Riesen durchsetzen? Slack hat nun einmal nicht die Möglichkeit, auf Millionen von Rechnern weltweit ohne wissentliches Einverständnis der Benutzer Software zu installieren.
Und so kommt man bei diesem Blatt zum – aus Aktionärssicht nachvollziehbaren – Urteil:
Analysten bezweifeln angesichts der steigenden Kosten und der verhaltenden Prognose, ob es Slack im Konkurrenzkampf gegen Microsoft und Co gelingt, in naher Zukunft die Gewinnschwelle zu erreichen. Zu Recht. DER AKTIONÄR rät unverändert: Abstand halten!
Der Aktionär, 5.9.201936)https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/slack-das-naechste-us-tech-ipo-im-freien-fall-20190786.html
Schade. Hätte echt was werden können.
Mit fairem Wettbewerb jedenfalls hat das für mich nichts zu tun.
Wie immer am Ende eines solchen Klartext-Artikels gegen große Unternehmen: just my two cents. Soll heißen, die Angaben stellen nur meine persönliche Meinung dar. Mein Name ist Patrick Ruppelt, und das ist meine Meinung.
Update 21.10.2019: So ganz allmählich springen die großen Berichterstatter an 😉 aus einem aktuellen Bericht des Berichterstatters Motley Fool37)https://www.fool.com/investing/2019/10/15/slack-fires-back-at-microsoft-on-user-metrics.aspx:
Slack (NYSE:WORK) investors were rattled over the summer when Microsoft (NASDAQ:MSFT) said that its competing Teams app had garnered 13 million daily active users (DAUs) — ahead of the 10 million DAUs that Slack had at the time. (…) Slack argues that DAUs can be a superficial metric, and that usage and engagement are what really matters. „Engagement is what makes Slack work — you can’t transform a workplace if people aren’t actually using the product,“ Elliott writes.
Quelle: The Motley Fool, Slack Fires Back at Microsoft on User Metrics, Bericht vom 15.10.201938)https://www.fool.com/investing/2019/10/15/slack-fires-back-at-microsoft-on-user-metrics.aspx
Quellenverzeichnis